Verwendung von Cookies
Wählen Sie aus, ob diese Website lediglich erforderliche Cookies oder auch funktionelle Cookies, wie nachfolgend beschrieben, verwenden darf:
Ihre aktuelle Auswahl: {status}
Auswahl ändern:
Klärung des Begriffs Präzisionswaage
Der Begriff „Präzisionswaage“ bezeichnet im Eichrecht nicht die Waagen mit der feinsten Abstufung der Eichklasse I, die dort als Analysenwaagen und Feinwaagen bezeichnet werden, sondern eine Waage der Eichklasse II. Das Eichrecht gibt dabei einige technische Spezifikationen vor, die erfüllt sein müssen, um die verwendete Waage als Präzisionswaage bezeichnen zu dürfen. Dies wissen jedoch nur wenige der Anwender und so ist als Erstes zu klären, ob auf der Suche nach einer Präzisionswaage das Eichrecht zu berücksichtigen ist. Eine geeichte Präzisionswaage wird z. B. für bestimmte Anwendungen in der Apotheke oder beim Ankauf von Gold und anderen Edelmetallen gesetzlich verlangt. Eine geeichte Präzisionswaage wiegt nicht unbedingt genauer als eine nicht geeichte Präzisionswaage, aber durch die Eichung wird die Einhaltung der gesetzlichen Genauigkeitsvorgaben amtlich bestätigt.
Spielt die Eichung keine Rolle, so ist im Allgemeinen unter einer Präzisionswaage eine Waage zu verstehen, die eine sehr hohe Messgenauigkeit erzielt. Dabei ist es subjektiv, was jemand unter einem genauen Messwert versteht. Für den einen Nutzer ist eine Präzisionswaage mit einer Messgenauigkeit von 1 Gramm ausreichend, während ein anderer eine Messgenauigkeit von 0,1 Milligramm benötigt. Es ist also wichtig, zu klären, welche Messgenauigkeit für die Messungen mit der neuen Präzisionswaage notwendig ist. Einige Anwender gehen davon aus, dass die Messgenauigkeit einer Präzisionswaage der Auflösung der Waage entspricht. Dies ist jedoch FALSCH. Wenn in den technischen Daten einer Präzisionswaage keine gesonderte Angabe zur Messgenauigkeit enthalten ist, so sollte der Anwender als Faustformel mindestens das 3- bis 4-fache der Messauflösung als mögliche Messabweichung berücksichtigen. Um ganz sicherzugehen, sollte der Faktor 10 berücksichtigt werden. Wird eine Präzisionswaage mit der Auflösung von 0,1 Gramm gewählt, ist also eine mögliche Messabweichung von 0,3 Gramm bis 0,4 Gramm einzurechnen. Bei Faktor 10 sind Abweichungen von bis zu 1 Gramm zu berücksichtigen. Wenn für ein Anwendung, wie zum Beispiel bei Rezepturwiegungen, eine Messgenauigkeit von 1 Gramm benötigt wird, sollte eine Präzisionswaage mit der Auflösung von 0,1 Gramm gewählt werden.
Maximallast: Nach Klärung der Eichpflicht und der benötigten Messgenauigkeit ist die Maximallast das nächste wichtige Kriterium für die Präzisionswaage. Dabei können die Wünsche des Anwenders durch die technischen Möglichkeiten begrenzt werden, da Auflösung und Genauigkeit von Waagen immer mit dem Wiegebereich im Zusammenhang stehen. Hohe Messauflösung und Messgenauigkeit erfordern bei größerem Maximalgewicht mehr Teilungsschritte und damit eine aufwendigere Bauart und höhere Empfindlichkeit der Präzisionswaage. Dies spiegelt sich dann im Preis und bei den Anforderungen an den Aufstellort wieder. Bei sehr großen Unterschieden der einzuwiegenden Mengen ist es oft sinnvoll, statt nur einer Präzisionswaage mehrere Waagen mit unterschiedlichem Maximalgewicht einzusetzen. Je nachdem welche Materialien gewogen werden, ist gegebenenfalls auch darauf zu achten, ob für die Wiegung ein zusätzlicher Behälter notwendig ist. Dieser muss für das Maximalgewicht mit berücksichtigt werden.
Bauformen: Vergleicht man die verfügbaren Waagen mit passender Genauigkeit und Maximallast, kann bei einigen Konstellationen zwischen verschiedenen Bauformen gewählt werden. Neben den am meisten verbreiteten Kompaktwaagen kann eine Präzisionswaage auch als Hängewaage oder als Plattformwaage mit separatem Display gebaut sein. Einige Kompaktwaagen bieten auch die Möglichkeit, Unterflurwiegungen über einen unten am Gehäuse der Präzisionswaage befestigten Haken auszuführen. Bei Hängewaagen wird nicht nur die Last angehängt sondern auch die Präzisionswaage selbst wird aufgehängt. In Bereichen, in denen auf elektronische Bauteile verzichtet werden soll oder muss, können eventuell mechanische Federwaagen als Präzisionswaage eingesetzt werden. Plattformwaagen bieten sich als Präzisionswaage für Bereiche an, in denen das Display nicht im selben Gehäuse wie die Wiegezellen verbaut sein soll, sondern zum Schutz oder zur besseren Bedienbarkeit etwas entfernt davon aufgestellt oder aufgehängt werden soll.
Schnittstellen: In vielen Einsatzgebieten der Präzisionswaage werden Schnittstellen zur Datenübertragung für die Ausgabe, Speicherung und Auswertung der Wiegedaten benötigt. Für diesen Zweck ist oft bereits standardmäßig eine RS232- oder USB-Schnittstelle in der Präzisionswaage verbaut. Bei einigen Waagen kann zusätzlich eine weitere Schnittstelle als Option gewählt werden. Sollen die Daten einer Präzisionswaage direkt zur Prozesssteuerung verwendet werden, können die Messwerte als Signal zum Beispiel über einen Analogausgang mit 4 bis 20 Milliampere oder 0 bis 10 Volt an ein Auswert- oder Steuergerät übertragen werden.
Plattformgröße: Die Wiegeplattform einer als Kompakt- oder Plattformwaage gebauten Präzisionswaage soll zur Auflagefläche der zu wiegenden Materialien passen. Die Wiegeplattform soll immer mittig bzw. möglichst gleichmäßig belastet werden Dadurch wird sichergestellt, dass die darunter verbauten Wiegezellen nicht entgegen ihrer Auslegung belastet werden und den korrekten Wert erfassen und weitergeben können. Für Flüssigkeiten, Pulver und Kleinteile sind geeignete Behälter auszuwählen, die zur Größe der Wiegeplattform passen.
Zusatzfunktionen: Eine Präzisionswaage kann auch mit zusätzlichen Funktionen ausgestattet sein. Eine häufig zu findende Zusatzfunktion ist die Stückzählfunktion, die das Erfassen der Menge von gleichartigen Kleinteilen und deren Abpacken mit festen Stückzahlen vereinfacht. Seltener ist in der Präzisionswaage eine Prozentfunktion hinterlegt, mit der die prozentuale Abweichung einer zu wiegenden Probe vom Referenzgewicht berechnet und angezeigt werden kann. Sehr spezielle Zusatzfunktionen sind die Dichtebestimmung und die Feuchtebestimmung.
Hier noch einmal eine kurze Auflistung, welche Punkte für die Auswahl einer passenden Präzisionswaage vorab geklärt werden sollten:
1. Besteht Eichpflicht für die vorgesehene Verwendung? (JA / NEIN)
2. Welche Messgenauigkeit ist notwendig? (0,001 g / 0,01 g / 0,1 g / 1 g usw.)
3. Wie hoch ist die Maximallast? (50 g / 300 g / 2.000 g / 6.000 g ...)
4. Welche Bauform eignet sich für die Anwendung? (Kompaktwaage, Hängewaage, Plattformwaage)
5. Werden Schnittstellen zur Datenweitergabe benötigt? (RS232 / USB / LAN / Analogausgang 4-20 mA – 0-10V)
6. Wie groß muss die Wiegeplattform sein?
7. Werden spezielle Funktionen benötigt? (Stückzählung, Prozentfunktion, Dichtebestimmung, Feuchtebestimmung ...)
Nach der EU-Richtlinie 90/384/EWG zur Angleichung der Rechtsvorschriften über nichtselbsttätige Waagen müssen Präzisionswaagen im Bereich der Europäischen Union geeicht werden, wenn sie zum Beispiel wie folgt eingesetzt werden:
• Im geschäftlichen Verkehr, wenn der Preis einer Ware durch Wägung bestimmt wird,
• Bei der Herstellung von Arzneimitteln in Apotheken, sowie bei Analysen im medizinischen /pharmazeutischen Labor.
• Zu amtlichen Zwecken wie der Ermittlung von Gebühren und Strafen.
• Für Gerichtsgutachten.
• Bei der Herstellung von Fertigpackungen.
Diese Aufzählung ist nicht abschließend. Wenn Sie mehr Informationen zur Eichung von Präzisionswaagen haben möchten oder nicht wissen, ob Sie tatsächlich eine eichfähige Waage benötigen, dann können Sie sich an Ihre örtlich zuständige Eichbehörde wenden. Wenn die Eichung der Präzisionswaage notwendig ist, muss dies bei der Bestellung der Waage angegeben werden. Sie können nur aus den eichfähigen Modellen wählen und müssen außerdem für die Einstellung des Gravitationswertes den Aufstellort – also Ortsname und Postleitzahl - angeben. Ob, nach welcher Frist und wo die Präzisionswaage wiederholt geeicht werden muss, ist innerhalb der Europas länderspezifisch geregelt. Informationen dazu finden Sie unter anderem bei der WELMEC, der internationalen Organisation zur europäischen Zusammenarbeit im staatlich geregelten Messwesen. Auf deren Webseite sind für die einzelnen Länder Angaben zu finden zu den dort überwachungspflichtigen Messinstrumenten, zu Typengenehmigungen, zu den für die Überwachung zuständigen Stellen, zu den Prüfintervallen und zu möglichen Strafen bei Verstößen.
Kalibrierzertifikat: Um spezielle Anforderungen der Qualitätssicherung zu erfüllen, können unsere Präzisionswaagen mit einem aktuellen Kalibrierzertifikat geliefert werden und jährlich oder in anderen vom Nutzer vorgegebenen Abständen neu kalibriert werden. Bei der Kalibrierung wird die Präzisionswaage mit rückführbaren Referenzgewichten geprüft. Dazu gehören mehrere Messungen, um Genauigkeit, Linearität und Wiederholbarkeit der Wiegeergebnisse bewerten zu können. Auch die Werte bei Eckbelastung der Wiegeplattform werden aufgenommen und im Kalibrierzertifikat vermerkt. Wird durch die Kalibrierung festgestellt, dass die Präzisionswaage die vorgegebene Genauigkeit nicht einhält, kann sie gegebenenfalls justiert – also neu eingestellt - und danach noch einmal neu kalibriert werden. Es gibt zwei unterschiedlich aufwendige Kalibriermöglichkeiten, zum einen die nach ISO 9000 und zum anderen die als DAkkS-Kalibrierung bezeichnete nach DIN EN ISO / IEC 17025.
Nutzerkalibrierung und Justage: Sie können die Präzisionswaage mit geeigneten Prüfgewichten auch selbst in regelmäßigen Abständen oder jeweils vor neuen Messreihen auf die Korrektheit der Messergebnisse überprüfen. Fallen dabei unzulässige Abweichungen auf, muss die Waage wieder auf den korrekten Wert eingestellt werden. Bei einigen Waagen können Sie diese Justage mit passenden Gewichten über eine Menüfunktion selbst durchführen. In der Bedienungsanleitung einer Präzisionswaage mit Justagemöglichkeit über das Bedienmenü finden Sie die Beschreibung der Justage eventuell unter der Bezeichnung Kalibrierung. Eine geeichte Präzisionswaage muss nach einer Justage neu geeicht werden. Deshalb gibt es bei geeichten Waagen meist keine Justagemöglichkeit oder das Eichsiegel muss für die Justage zerstört werden.
Interne Justierautomatik: Auf nebenstehender Abbildung sehen Sie eine Präzisionswaage mit internem Justiergewicht ohne Gehäuseabdeckung und Wiegeplattform. Das interne Gewicht wird für die selbsttätige Justierung benötigt.Diese Justierung läuft bei eingeschalteter Waage nach einer voreingestellten Zeit, zum Beispiel alle zwei Stunden, oder nach einer Temperaturänderung von 1 °C automatisch ab. Durch diese Automatik können innerhalb eines Arbeitstages nur wenige Fehlmessungen auftreten und innerhalb eine Messreihe fallen Fehler schnell auf. Auch geringe Temperaturschwankungen, die die empfindliche Elektronik beeinflussen, werden sofort korrigiert. Bei jedem Einschalten einer Präzisionswaage mit interner Justierautomatik läuft zunächst ein Funktionstest ab. Dieser Selbsttest beinhaltet neben dem Überprüfen der Geräteelektronik auch die Justierung mit dem internen Justiergewicht.